Das wichtigste ist, als Nachwuchswissenschaftlerin weiter ernst genommen zu werden

Auf einen Blick

Name: Svenja Mordhorst
Fachrichtung: Kunstwissenschaft
Universität: Uni Lüneburg
Finanzierung: Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes und Abschlussstipendium der Leuphana Universität
Anzahl Kinder: 2

Erfahrungsbericht

Svenja ist gerade in den Endzügen ihrer Doktorarbeit. Bei der Geburt ihres ersten Kindes reichte sie gerade die Stipendienbewerbung bei der Studienstiftung ein. Parallel zur Promotion hat Svenja nicht nur zwei Kinder bekommen, sondern auch noch ein Eltern-Kind-Büro gegründet und sich somit die fehlende Infrastruktur zum weiterarbeiten einfach selbst geschaffen. Wie sie das alles unter einen Hut bringt und nun bald ihre Doktorarbeit abgibt, könnt ihr im Folgenden lesen.

War die Promotion für dich die ideale Phase um mit der Familienplanung zu beginnen?

Definitiv und gerade da ich meine Promotion nicht mit einer Stelle finanzieren musste. Damit hätte man zwar vielleicht in Elternzeit gehen können, das Schreiben wäre aber danach vermutlich zu kurz gekommen. Mit dem Stipendium war ich zeitlich flexibel und mehr oder weniger finanziell abgesichert. Ich hatte das Glück, dass mein Stipendiengeber mir nicht nur einen Familien- und Kinderzuschlag sondern auch 3 Monate Mutterschutz gezahlt hat. Außerdem habe ich ein Jahr Verlängerung gewährt bekommen.

Perfekt wäre natürlich gewesen, hätte ich das Stipendium aussetzen und durch Elterngeld ersetzen können, aber da greift die Willkür der Behörden, die das Stipendium genau in diesem Fall ausnahmsweise nicht als Einkommen zählen.

Wie hat dein Arbeitsumfeld auf die Entscheidung reagiert?

Meine beiden Betreuerinnen haben mich bei beiden Kindern zu 100% unterstützt, mir die nötige Freiheit gelassen zu entscheiden, wann und wie ich schreibe und wann ich mich melde. Und auch die Kinder (plus Betreuungsperson) zu den Kolloquien mitzubringen wurde nicht nur akzeptiert, sondern sogar ausdrücklich begrüßt.

Mir wurden Stillpausen eingeräumt und zwar nach eigenem Ermessen, also nach dem Bedarf meiner Kinder. Ich konnte jederzeit Programmpunkte auslassen, um mich um meine Familie zu kümmern. Und das wichtigste: Ich wurde von meinen Betreuerinnen wie auch von Kommilitonen und Kommilitoninnen als Nachwuchswissenschaftlerin weiter ernst genommen!

Wie bist du mit der Arbeit vorangekommen?

Die ersten drei Monate nach der Geburt waren jeweils sehr produktiv. Da schliefen die Kinder viel und waren  im Tragetuch zufrieden. Die Zeit zwischen drei und neun Monaten war besonders anstrengend und leider kaum produktiv. In dieser Zeit war das Arbeiten nur möglich, wenn die Kinder schliefen und da das noch sehr unregelmäßig und unzuverlässig passierte, war wenig zu schaffen. Manchmal arbeitete ich sowohl tagsüber, wenn die Kinder schliefen, als auch abends/nachts mit Stillunterbrechungen. Das ging aber schnell an die Reserven. Mit neun bis zwölf Monaten stellte sich zumindest mittags ein halbwegs verlässlicher Mittagsschlaf ein, den man für die Arbeit nutzen kann.

Seit die Kinder in Betreuung sind, richtet sich meine Arbeitszeit nach den Öffnungszeiten der Tagesmutter, bzw. des Kindergartens. Man lernt, mit der Zeit auszukommen, die man zur Verfügung hat und arbeitet effektiver.

Also hast du dir schnell eine Betreuung organisiert?

Beide Kinder fingen bereits im Alter von sechs Monaten mit der Fremdbetreuung durch eine Tagesmutter (mit wenigen Kindern) an. Die haben wir außerplanmäßig bewilligt bekommen, weil mein Partner und ich beide an der Promotion und mit Doppelbelastung meines Partners durch eine halbe Stelle an der Uni arbeiten. Mir war dabei wichtig, dass ich weiter stillen konnte und dass wir mit einer relativ kurzen Betreuungszeit anfangen. Das heißt ich hatte zwar früh wieder freie Zeitfenster, aber zunächst nur kleine und nur, wenn es den Kindern damit gerade gut ging.

So steigerten wir die Betreuungszeit im ersten halben Jahr, also bis zum Alter von einem Jahr, von zwei bis drei Stunden pro Tag an drei Tagen pro Woche nach und nach auf mehr Tage und auf mehr Stunden sobald meine Kinder die Stillmahlzeit am Mittag durch ausreichend Fingerfood ersetzt hatten. Mit ca. einem Jahr kamen beide jeweils in eine Großtagespflegestelle mit acht weiteren Kindern. Der Große kam letztes Jahr mit fast dreieinhalb Jahren in den „richtigen“ Kindergarten.

Mit dem zweiten Kind habe ich ein Eltern-Kind-Büro gegründet, in dem ich bis er in die Großtagespflege kam zusätzlich an ein bis zwei Tagen pro Woche gearbeitet habe.

Was ist dein persönliches Resümee der letzten Jahre promovieren mit Kind?

Meine Kinder würde ich genauso wiederbekommen, auch wenn vor allem die erste Zeit mit beiden zusammen wirklich anstrengend war. Ich habe ein wenig unterschätzt, wie sich die Situation mit zwei Kindern noch einmal ändert. Mein Partner und ich waren mittlerweile weiter fortgeschritten und in einer wichtigen Phase unserer Promotion und konnten eigentlich beide nicht richtig pausieren. Da ich keinen direkten Arbeitgeber hatte, war ich hauptsächlich für die Betreuung beider Kinder zuständig. Mit dem zusätzlichen Schreiben kam ich schnell an meine Grenzen.

Dennoch konnte ich einigermaßen weiter arbeiten und bin immer noch gut in der Zeit, konnte Konferenzen besuchen, Rechercheaufenthalte realisieren. Aber eben nur mit einem großen Planungsaufwand und nur in den Zeiten, in denen die Kinder bereits einige Stunden ohne mich auskamen.

Wenn man mich fragt, was ich in der Retrospektive anders planen würde, würde ich sagen: Am ehesten würde ich versuchen meine Ansprüche an mich selbst runterzuschrauben, mir den Druck zu nehmen immer alles perfekt machen zu wollen – Kinder, Dissertation, Haushalt, Partnerschaft, soziale Kontakte…Ich würde mich mehr auf das Wochenbett besinnen, weniger nach außen als nach innen schauen. Das übe ich dann beim nächsten Kind 😉

Wenn du dich mit Svenja austauschen willst, schreibe ihr einfach eine Mail an: svenja.mordhorst[at]googlemail.com

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