Stillen und weiterarbeiten – geht das überhaupt?

Viele werden sich jetzt fragen, was sich da bitte nicht vereinbaren lässt. Ehrlicherweise habe ich mir das auch immer sehr unproblematisch vorgestellt. Ist das Baby dabei, gibt es auch keine Probleme. Aber was ist, wenn das Baby zu Hause bleibt, und man selbst Termine wahrnimmt? Dann ist abpumpen angesagt und das ist nicht immer ganz einfach in den Arbeitsalltag zu integrieren. Ich war Ende März auf meiner ersten Konferenz ohne Emilia und hatte kaum eine ruhige Minute.

Kleines Still-ABC

Aber zurück auf Anfang. Wir haben uns entschieden Emilia zu stillen. Ganz praktisch bedeutet das: Die mütterliche Brust ist ein paar Tage nach der Geburt darauf eingestellt einen Säugling zu ernähren und produziert fleißig Muttermilch. Die Brust stellt sich auf den Bedarf des Babys ein und verlässt sich darauf in bestimmten Abständen entleert zu werden. Passiert das nicht, kann das durchaus schmerzhaft werden bis hin zum Milchstau mit Fieber und allem was dazu gehört. Will man also als stillende Mutter auf eine Konferenz fahren und das Baby zu Hause lassen, bleibt das stillen trotzdem präsent. Dann sollte nämlich fleißig, möglichst im gleichen Rhythmus wie sonst auch, abgepumpt werden.

Die rechtliche Seite

Durch meine Homeoffice-Arbeit muss ich nur recht selten tagsüber weg. Anders ist es in Familien mit arbeitenden stillen Müttern, die regelmäßig einige Stunden am Tag ihr Baby nicht stillen können. Für diesen Fall gibt es gesetzliche Regelungen. Das Mutterschutzgesetz sieht beispielsweise mindestens zwei Stillpausen á 30 Minuten in einem 8-Stunden Arbeitstag vor. Promovierenden mit fester Stelle, stehen also neben den regulären Pausen also zusätzlich Stillpausen zu. Dafür muss ein entsprechender Rückzugsort zur Verfügung gestellt werden. Leider trifft die Mutterschutzregelung wie ihr wisst auf mich als Stipendiatin nicht zu.

Und wenn ich einfach nicht abpumpe?

Zurück zu meinem persönlichen Erfahrungsbericht. Anfang Februar habe ich einen Vortrag im Kolloquium meines Professors gehalten. Das Kolloquium war für 90 Minuten geplant, ich bin eine Stunde vor Beginn zu Hause losgefahren. Als das Kolloquium begann war die letzte Stillmahlzeit schon knapp zwei Stunden her. Ich war so im Vortragsmodus, ich habe einfach alles andere vergessen. Gegen Ende des Kolloquiums machte sich ein unangenehmes Ziehen in meinen Brüsten bemerkbar. Stimmt, da war ja was. Verdammt! Und ich habe die Milchpumpe vergessen. Kopf-Tisch. Nach dem Kolloquium stand ich eine Nachbesprechung mit meinem Professor an. Und schon jetzt machte ich kleine harte Stellen in meinem Brüsten aus, die unangenehm schmerzten. Das Gespräch habe ich noch überlebt. Aber dann musste ich längst überschüssige Milch auf der Toilette ausstreichen. Es stand nämlich noch ein Abendessen mit Kollegen an.

Das klingt alles nicht gerade sehr appetitlich, ich weiß. Aber das ist einfach die Realität einer stillenden Mutter. Es ist wirklich kein schönes Gefühl harte, schmerzende Brüste zu haben. Außerdem läuft die überschüssige Milch dann auch einfach raus. Es lebe die Stilleinlage. Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn die voll ist. Hätte ich die Pumpe dabei gehabt, wäre ich wohl nach dem Kolloquium direkt 30 Minuten auf der Toilette zum abpumpen gewesen. Ich habe es noch ausgehalten (mit ausstreichen), mein Abendessen in mich reingeschlungen und war 7,5 Stunden nach der letzten Stillentleerung zu Hause. Einen Milchstau habe ich zum Glück nicht bekommen, aber unangenehm und schmerzhaft war es trotzdem.

Diesmal wird alles anders: Ich habe einen Plan!

Das sollte mir nicht noch einmal passieren. Ende März war ich auf einer Konferenz, für ganze zwei Tage. Ich war also auch über Nacht allein, was aber leider kein Durchschlafen bedeutete. Da wir nicht mehr so viel stillen wie noch Anfang Februar, habe ich mir vorgenommen die Nacht einfach durchzuschlafen. Aber auch da haben mir meine Brüste quasi einen Strich durch die Rechnung gemacht und ich habe mich um 03:00 Uhr eine halbe Stunde zum abpumpen vor den Fernseher gesetzt. Nun gut. Diesmal war ich vorbereitet und habe morgens meine Pumpe, genügend Milchflaschen, eine Kühltasche und Kühlpacks für den Rücktransport der Milch eingepackt und mir einen Abpump-Plan gemacht. Die Konferenz war so getaktet, dass ich nach der ersten Session, zum Mittagessen vor meinem eigenen Vortrag, nach meinem Vortrag und zum Abendessen abpumpen kann. Die Pausen waren mit 30 Minuten recht kurz, da Emilia am Tag aber schon recht viel isst, reichen mir 10-15 Minuten zu pumpen.

Nachdem nun die erste Konferenzsession 15 Minuten überzogen wurde, fand ich mich nach zwei Stunden Input in mein Büro rennend hektisch Milch-abpumpend wieder. Kaum war ich fertig, ging es schon weiter. Ich konnte gerade noch eine Banane in mich hinein stopfen. Die nächste Pause war zwar länger, aber irgendwie musste ich noch ein Mittagessen integrieren. Und meine Vortragspräsentation ausprobieren. Und und und. Wieder Stress. So ging es weiter bis Abends. Ich habe kaum abseits der Sessions mit irgendjemanden gesprochen. Und am Ende des Tages war ich noch ein wenig erschöpfter, als sowie schon nach einem Konferenztag. Ihr kennt das. Wahrscheinlich hätte ich eine Stillmahlzeit ausfallen lassen können, aber nach meiner Kolloquiumserfahrung im Februar hatte ich wirklich Angst vor den Schmerzen.

Mein Fazit

Es geht, aber es ist stressig. Vor allem, wenn man beides haben will: Die komplette Konferenzerfahrung und den guten Stillrhythmus. Ich kann mir vorstellen, dass ein voller Arbeitstag mit Terminen, Gesprächen und Deadlines sicherlich auch nicht unbedingt das regelmäßige Abpumpen erleichtert. Ich denke, ein Teil des Problems liegt in einer gewissen Tabuisierung des Themas in der Öffentlichkeit. Kaum jemand fragt sich, mit welchen Problemen eine stillende Frau konfrontiert ist, wenn sie denn mal nicht stillt und stattdessen arbeitet und Termine wahrnimmt. Und kaum eine Frau redet offen darüber. Sicher, es ist ein intimes Thema. Und natürlich möchte ich nicht mitten in der Konferenzsession meine Milchpumpe auspacken. Aber es wäre schön offen und ohne komische Blicke zu ernten, sagen zu können: Ich muss diesen Termin pünktlich beenden, denn gleich muss ich noch Milch abpumpen. In einer Diskussion zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist das unerlässlich. 

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